Seit rund 10 Jahren finde ich, dass ich als Klassenlehrer durch die Integration, bzw. Inklusion den vielfältigen Bedürfnissen der Kinder zu wenig gerecht werde. Es genügt beispielsweise bei Weitem nicht,  ein verhaltensauffälliges Kind während (in der Regel) sechs Lektionen von einer Heilpädagogin zu betreuen und zu begleiten und während der gesamten restlichen Zeit der Woche der Klassenlehrperson zu überlassen.

Trotzdem: Irgendwie ists immer gegangen, auf Biegen und Brechen – mehr durch den Einsatz der LehrerInnen als Psychologinnen, Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen, Moderatorinnen und weniger durch die unzähligen Weiterbildungen zum sogenannten «Umgang mit Heterogenität» in der Klasse.

Sich auf ein Kind mit all seinen Facetten und Hintergründen einlassen können, Neues aufzeigen, seine Neugierde wecken und stillen, sein Lernen begleiten ist für mich persönlich seit Jahren ganz etwas anderes als das, was in der staatlichen Volksschule möglich ist.

Ich finde das nicht in Ordnung, gar nicht und schon lange nicht. Wo eine Schulpflicht besteht muss auch das Recht auf den Anlagen und Bedürfnissen der Kinder entsprechenden Unterricht gewährt sein. Eine Volksschule sollte für alle, Lernende und Lehrende möglichst optimal organisiert sein.

Auch ein sehr hohes Engagement als Lehrer reichte und reicht – nach meinem Dafürhalten – viel zu oft nicht aus. Ganz bestimmt wird es bei der zusätzlichen Integration von Flüchtlingskindern in den Klassenzug/die Klassenzüge nicht ausreichen. Dazu fehlt im Speziellen die Verständigungsmöglichkeit, Zeit, Ruhe und Raum um sich auf die Flüchtlingskinder wirklich einlassen zu können. Dazu fehlt im Allgemeinen ein Schulwesen, das in seinen Abläufen nicht einfach einigermassen funktioniert, sondern gefestigt, unkompliziert und schlank organisiert ist mit zusätzlich belastbaren, vielfältig interessierten und eigenständig denkenden Persönlichkeiten als Lehrerinnen und Lehrer.

Ich finde blosses «Funktionieren» ungenügend für ein Arbeitsfeld, das so grundlegend auf dem Bezug, der Beziehung zu den Kindern aufbaut. Mittlerweilen muss schon sehr angestrengt weggeschaut werden, um nicht zu erkennen, dass das System so in vielen Fällen nicht einmal mehr funktioniert. – Ich weiss nicht, wie weit das Spektrum an Verschiedenheit noch geweitet werden soll, wie breit in eine Lerngemeinschaft, in eine Klasse «integriert» werden soll und kann, bis das Schulsystem wirklich nicht mehr tragbar ist, für Lernende nicht und für Lehrende nicht. Aus meiner Perspektive sind wir besorgniserregend nah dran.

Diese missliche Situation ist das Resultat von Schulreformen der letzten Jahre, die von zu vielen gar nicht oder viel zu wenig kritisiert wurden. Und wenn, dann oft nur hinter vorgehaltener Hand, zu wenig klar, zu undeutlich. Zu oft wurden sie schön geredet, eine Art romantisiert. Nach meinem Empfinden stand Ideologie und nicht Praxis im Vordergrund.

Es braucht wieder Einführungsklassen und „kleine Klassen“ um Zeit, Ruhe, Raum und Gelassenheit zu finden, welche denjenigen Kindern wichtig ist, die im Tempo und in der Masse einer Regelklasse nicht gut Lernen können.